Bach on Apps im Konzerthaus Berlin
Welcher Beat passt zum Menuett? Am 28.11.2015 fand im Rahmen des Bach-Marathons vom Konzerthaus Berlin ein Projekt mit Musikapps statt. Studierende der Universität der Künste Berlin gestalteten ein musikalisches Kreativlabor, in dem Smartphones und Tablets in Musikinstrumente verwandelt wurden – ein Mitmach-Programm für Kinder, Jugendliche und technikbegeisterte Erwachsene. Die Leitung hatte Matthias Krebs, Leiter der Forschungsstelle Appmusik.
Welche Musik hätte wohl Bach komponiert, wenn er ein Smartphone und Musikapps besessen hätte? Wie können Kompositionen von Bach mit den Hosentaschen-Instrumenten musiziert werden? Welcher Beat passt zum Bachmenuett? Welche Möglichkeiten bieten Musikapps, Bachs Musik auf multimediale Art zu erschließen? Zu diesen und weiteren Fragen haben Studierende im Fach Musikpädagogik Appmusik-Projekte erarbeitet.
Der Bach-Marathon am Konzerthaus rückte den Komponisten einen Tag lang in den Fokus und feierte ihn mit zahlreichen Konzerten und Mitmachangeboten. Die Gäste des Bach-Marathons waren auch herzlich dazu eingeladen, das Musizieren mit Apps auszuprobieren.
Das Video zeigt einen Ausschnitt aus dem Beitrag des rbb zum Bach-Marathon.
5 verschiedene Projekte
In einem musikpädagogischen Proseminar hatten fünf Studierende jeweils ein eigenes Appmusik-Projekt zum Thema Bach entwickelt. Ausgangspunkt war die Frage, was sie an Bach interessiert. Die Studierenden hatten sich seit Oktober 2015 zweimal wöchentlich getroffen und arbeiteten mit einem iPad mit über fünfzig Musikapps, das sie mit nach Hause nehmen konnten. Eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung war, dass die Studierenden die genaue Zielgruppe nicht kannten und dass die Verweildauer der Gäste an den Stationen zwischen zwei Minuten und einer Stunde dauern konnte.
An jeder Station konnten die Gäste über ein Mischpult zusammen musizieren. Der Aufbau mit iPad-Stativen ermöglichte lockeres Musizieren im Stehen und flexiblen Wechsel zwischen den Stationen. Ziel war es, dass die Gäste interessante mediale Wege der Auseinandersetzung mit Bach kennen lernen. Um den spontanen Einstieg zum Musikmachen zu erleichtern, wurden bekannte Musikstücke gewählt.
Die Spannbreite der Projekte reichte von Beat-Kompositionen zu bekannten Bachmelodien über Improvisationen bis zum Videopuzzle mit Musikschnipseln. Hier die Kursbeschreibungen der einzelnen Stationen:
Bach auf dem iPad neu interpretiert / Leitung: Fiona Eggert
Wie klingt es, wenn man Bachs Präludium in c-Moll (BWV 847) mit modernen Appklängen interpretiert? Das iPad wird zum Musikinstrument. Die Stilistik ist offen. Egal ob Jazz, Rock oder Pop – die Besucher können entscheiden, wie der moderne Bach klingen soll. // Apps: ThumbJam, Drums XD, ChordPolyPad und guitarism (4 iPad)
Bach’sche Dance Beats – alte Tänze neu interpretiert / Leitung: Nicole Joanna Kamrowski
Gigue, Sarabande, Courante, Allemande – vier verbreitete Tänze zu Bach’scher Zeit. Die Besucher treten in die Fußstapfen des Komponisten und interpretieren mit Hilfe ausgewählter Musik-Apps diese Tänze neu. Auch ohne Notenkenntnisse kommt man in den Genuss des Musizierens. // Apps: DM1 und Fugue Machine (5 iPads)
Das Menuett-Experiment mit Apps / Leitung: Jonathan Kühnl
Alle Teilnehmer bekommt ihr eigenes iPad, auf dem mit Apps kurze Musiksamples abspielen können. Gemeinsam versuchen die Besucher, einen passenden Beat und moderne Klänge für das bekannte Menuett in G-Dur zu finden. Sie formen spontane Bands und performen eine einzigartige Version. // Apps: MidiSteps, DM1, bs-16i und Magellan (5 iPads)
Solo für alle / Leitung: Christiane Bach
Die Chaconne aus Bachs Partita d-Moll für Solovioline ist berüchtigt für ihren hohen Anspruch an den Solisten. Nur was für Profis!? Keineswegs! Die Besucher spielen das Anfangsthema im Original mit Apps, sehen, wie es gemacht ist, was daran besonders ist und interpretieren es neu. // ChordPolyPad, ThumbJam und SoundPrism (4 iPads)
Bach-Puzzle / Leitung: Charlotte Kress
Mit der App vidibox wurde das bekannte Menuett in G-Dur aus dem Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach in zweitaktigen Abschnitten aufgenommen. Die zwölf kurzen Videoaufnahmen werden wie Puzzle-Teile in Kästchen auf dem Touchscreen dargestellt. Sie erklingen, wenn man sie mit den Fingern berührt, zu neuem Leben und ermöglichen eine neue Form von Musikinstrument auf dem iPad. Die Teilnehmer setzen die Puzzleteile entweder in der richtigen Reihenfolge zusammen oder mixen Bach einmal richtig durch. // Apps: vidibox (4 iPads)
Wie ging es weiter…
In den letzten Wochen des Semesters (Januar 2016) wurden dazu verwendet, die Durchführung der Musikangebote im Rahmen des Bach-Marathons kritisch zu durchdenken. Außerdem wurden nun aus den Erfahrungen Unterrichtsideen entwickelt werden. Anleitung dazu gaben Leitfragen. Hier eine Auswahl der Ergebnisse:
Weitere erprobte Möglichkeiten, wie Musikapps im Musikunterricht verwendet werden können, sind hier zu finden: Unterrichtsideen
Matthias Krebs ist Universitätsassistent an der Universität MOZARTEUM (Salzburg) und Leiter der Berliner Forschungsstelle Appmusik. Seine Forschungsschwerpunkte betreffen: Digitale Medien in Lehre und Forschung, Kommunikation im Social Web, Netzkunst, Appmusik sowie Grundlagenforschung zum Musizieren mit digitalen Musiktechnologien.
Als Lehrbeauftragter ist der Diplom-Musik- und Medienpädagoge an mehreren deutschen Musikhochschulen sowie als Dozent für Weiter- und Fortbildungen und auch bei den Appmusik-Workshops bei app2music aktiv.
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