Wenn die App zum Musizierpartner wird

Matthias Krebs | 4. April 2019

Häufig wird dem digitalen Musikmachen pauschal unterstellt, dass diese Form nicht sinnlich-körperlich sei (vgl. Zimmer 2014). Dies ist besonders deshalb von Bedeutung, da körperliche Handlungserfahrungen in die deutende Auseinandersetzung mit Musik einfließen (vgl. Rora 2017:166) und bekanntlich Körperlichkeit von hoher Relevanz für das ästhetische Erleben ist (vgl. z.B. Brandstätter 2008:142). Anhand eines videografierten Fallbeispiels in dem drei Teenager mit der App PlayGround Musik machen, soll im Folgenden als Ausgangspunkt einer phänomenologischen Annäherung beleuchtet werden, auf welche Art und Weise körperlich musiziert und unter welchen technischen Bedingungen musikalisch gehandelt wird.

Eine ausführliche Darstellung findet sich unter: Krebs, Matthias (2019): Wenn die App zum Musizierpartner wird. Eine Annäherung an die Besonderheiten technologievermittelten Musizierens am Beispiel der Musikapp PlayGround. In: Gembris, Heiner / Menze, Jonas / Heye, Andreas (Hrsg.): Jugend musiziert – musikkulturelle Vielfalt im Diskurs. Schriften des Instituts für Begabungsforschung in der Musik (IBFM) Bd. 12. Münster: Lit, S. 235-282. Vordruckfassung

Gegenstand der vorliegenden exemplarischen Untersuchung appmusikalischer Praxis ist eine Situation im Rahmen des Kinder- und Jugendfestivals TINCON (teenageinternetwork convention) im Mai 2016 in Berlin, in der drei Jungen mit der App PlayGround gemeinsam auf einem Tablet Musik machten. Davon werden hier zwei Videomitschnitte vorgestellt.

Das erste Video zeigt den Einstieg in den gemeinsamen musikalischen Prozess.

Das zweite Video zeigt die finale Aufführung: Links die drei Protagonisten im Umgang mit der App auf dem Tablet, rechts der entsprechende Screencast der App-Darstellung.

Die hier dargestellte Musiziersituation, die ausschnitthaft per Video festgehalten wurde, ist im Rahmen eines offenen Musizierangebotes entstanden. Vorbeilaufende Konferenzteilnehmende wurde spontan einladen, sich musikalisch zu betätigen. Im Zeitraum von ca. drei Stunden fanden sich etwa zehn verschiedene Zweier- und Dreiergruppen, mit denen der Autor spontan musizierte. Unter den Interessierten war auch eine Gruppe von drei zwölfjährigen, miteinander befreundeten Jungen, die Protagonisten des im Folgenden untersuchten Fallbeispiels. Sie erwähnten, dass sie gemeinsam in einer Schulband spielen. Welche Instrumente sie spielen, wie lange sie gemeinsam in der Band spielen und wie sie ihre Musizierfertigkeiten einschätzen, wurde nicht dokumentiert.

Literatur:

Brandstätter, Ursula (2008): Grundfragen der Ästhetik. Bild – Musik – Sprache – Körper. Wien: Böhlau.

Rammert, Werner (2016): Technik – Handeln – Wissen. Zu einer pragmatistischen Technik- und Sozial-theorie. 2. Aufl. 2016. Wiesbaden: Springer VS.

Rora, Constanze (2017): Musik als Praxis aus dem Blickwinkel einer Phänomenologie der Partizipation. In: Alexander J. Cvetko & Christian Rolle (Hg.): Musikpädagogik und Kulturwissenschaft (Musikpädago-gische Forschung, Band 38). Münster: Waxmann, S. 165-179.

Schnettler; Knoblauch, Hubert (2009): Videoanalyse. In: S. Kühl, P. Strodtholz und A. Taffertshofer (Hg.): Handbuch Methoden der Organisationsforschung. Quantitative und Qualitative Methoden. 1. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag, S. 272–297.

Spychiger, Maria B. (2008): Musiklernen als Ko-Konstruktion? Überlegungen zum Verhältnis individueller und sozialer Dimensionen musikbezogener Erfahrungen als Lernprozesse. In: Diskussion Musikpädagogik (40), 4-12.

Zimmer, Renate (2014): Handbuch der Sinneswahrnehmung. Grundlagen einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung. Freiburg, Basel, Wien: Herder.


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